Leinöl
Leinöl (Leinsamenöl) ist ein Pflanzenöl, das aus Leinsamen, den reifen Samen von Öllein (Linum usitatissimum), gewonnen wird. Als Rohleinöl (rohes Leinöl) bezeichnet man Leinöl, dem keine anderen Öle oder sonstigen Stoffe zugesetzt sind. Neben dem Öllein werden auch andere Lein-Arten (Gattung Linum) zur Ölgewinnung verwendet.
Kaltgepresstes Leinöl ist gold-gelb, warm gepresstes Öl gelblich braun. Raffiniertes Leinöl hat eine hell- bis goldgelbe Farbe. Das Öl riecht würzig nach Heu, wird als krautig bis dumpf und leicht röstig beschrieben und kann eine fischige Note aufweisen.
Frisch schmeckt das Produkt leicht nussig und heuartig, nach Lagerung eher bitter und ranzig.
Leinöl und Nahrungsmittel
Unter den natürlichen Quellen der essentiellen α-Linolensäure übersteigt nur in Leinöl der Anteil der Omega-3-Fettsäuren den der Omega-6-Fettsäuren. Die einzigen Ausnahmen sind Leindotteröl und die Exoten Chia- und Perillaöl.
Leinsamen gehören (zusammen mit Gerste, Weizen, Linsen und Erbsen) zu den fünf frühesten Agrarpflanzen des eurasischen Kulturkreises in der Jungsteinzeit. Sie ist die einzige historische Ölpflanze in unseren Breiten, neben dem späteren Öl aus Hanf und Mohn. Da die Fette in Getreiden überwiegend aus Omega-6-Fettsäuren bestehen, stellt das Öl aus Leinsamen mit seinem hohen Gehalt an Omega-3-Fettsäuren eine wichtige ernährungstechnische Errungenschaft der Jungsteinzeit dar. Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren sollten in einem guten Verhältnis zueinander aufgenommen werden (die DGE empfiehlt ein Verhältnis von 1:5 [1]).
Insbesondere in der Lausitz und in Schlesien wird Leinöl in milchhaltigen Speisen wie Quark mit Kartoffeln oder Pellkartoffeln, Gurkensalat oder sauren Hering in Sahnesauce verwendet. Durch die Ölschicht auf den Milchspeisen werden diese nicht so schnell sauer, ein Umstand, der früher im Sommer intensiv genutzt wurde.
Lausitzer Leinöl ist eine geschützte geographische Herkunftsbezeichnung.
Leinöl in der Kosmetik
Leinöl, das Öl der Heilpflanze des Jahres 2005, ist reich an
Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren. Ob diese von der Haut aufgenommen werden, ist umstritten. Dennoch gibt es kosmetische Produkte, die natürliches Leinöl enthalten und für sich eine Revitalisierung der Haut reklamieren. Hochwertiges Leinöl wird für die Herstellung von Naturseifen verwendet. Unter Verwendung von Nelkenöl und Zitronengrasöl soll Leinölseife anregend und erfrischend wirken.
Leinöl und Farb- und Anstrichmittel
Leinöl war und ist das wichtigste Bindemittel für Ölfarben, noch vor anderen trocknenden Ölen (z.B. Mohnöl, Walnussöl). Die ersten bekannten Erwähnungen des Gebrauchs von ölgebundenen Farben für die Kunstmalerei finden sich in Herstellungsrezepten aus dem 8. Jahrhundert[2]; die Farben bestehen heute vorzugsweise aus gekochtem Leinöl und Pigmenten und enthalten je nach beabsichtigter Anwendungstechnik auch Verdickungsmittel wie Aluminiumstearate zur Erhöhung der Filmdicke, Seifenbildner (um Wasserlöslichkeit zu erreichen) und Sikkative (Trocknungs- bzw. Abbinde-Beschleuniger).
Das Volumen von Ölfarbe nimmt durch Oxidation (Aufnahme von Sauerstoff) zu, im Gegensatz zum Volumen von Acrylfarbe, das beim Trocknen abnimmt. Deshalb können bindemittelreiche Ölfarbschichten darüber liegende, bindemittelarme Farbschichten sprengen, was zur ölfarben-typischen Rissbildung führt: Sie ist daran zu erkennen, dass nur jeweils die obere Farbschicht gerissen und die darunterliegende unversehrt zu sehen ist. Diese Art von Rissen wird als Schwundriss bezeichnet, zur Unterscheidung von den Altersrissen, die bis zum Malgrund (Holzplatten oder Leinwand) hinabreichen. Oft verursacht zu hoher Bindemittelanteil »Speckigwerden«: Dabei wirft die Malschicht durch ihre Ausdehnung Falten, sie bildet also Runzeln, die meist in den dunkleren Partien von Bildern zu beobachten sind, weil die gebräuchlichen dunklen Farbpigmente (braune Erden, Ruß oder Kohle) eine relativ geringe Teilchengröße (um 1 µm) aufweisen und dadurch mehr Bindemittel bedürfen als gröbere Pigmentteilchen.
Der Bindemittelbedarf eines Pigments wird durch die Ölzahl ausgedrückt, einer international genormten Kennziffer (ISO 787 Teil 5), die beschreibt, wie viel Gramm Lackleinöl benötigt werden, um 100 Gramm eines Pigments zu einer zusammenhaltenden, kittartigen Substanz anzuteigen.
Leinöl und Konservierungsmittel
Leinöl ist ein natürlicher Holzschutz und wird seit Jahrhunderten für die Imprägnierung von Holz (z.B. Fachwerk, Fenster, Türen, Holzfassaden), Putz, Stuck, Mauerwerk und Terracotta verwendet. Es ist wasserabweisend, jedoch dampfdiffusionsoffen und dringt im Gegensatz zu anderen Bindemitteln (Acrylaten) tief ins Holz ein und polymerisiert im Innern des Holzes zu einer sehr stabilen Verbindung. Die Eindringtiefe und damit die konservierende Wirkung steigt mit der Fließfähigkeit des Öls und wird daher durch Erwärmung oder die Verwendung sauberer und damit dünnflüssigerer Ölqualitäten verbessert. Leinöl ist auch im Außenbereich bei starker Wetterbelastung als Holzschutz geeignet.
Runzel- und Rissbildung werden bei Bau und Handwerk durch mehrmaliges dünnes Aufbringen von Anstrichen und etwa zweitägiges Durchtrocknen jedes einzelnen Anstrichs vermieden. Jeweils einige Stunden nach dem Anstrich wird noch nicht eingezogenes Öl mit einem Lappen oder Pinsel abgenommen bzw. verteilt. Besonders tief dringt reines, kalt gepresstes, rohes (nicht gekochtes) Leinöl ein, es eignet sich daher am besten zum Grundieren. Gekochtes Leinöl hingegen eignet sich am besten für den Schlussanstrich und zur Farbenherstellung, da es schneller trocknet und stärker glänzt.
Um den Aushärtungsvorgang (das heißt die Polymerisation) zu beschleunigen, wird Leinöl unter Luftabschluss verkocht. Dadurch entsteht eine anpolymerisierte Form des Öls, das sogenannte Hartöl. Werden diesem zusätzlich Trocknungsstoffe beigesetzt, erhält man Leinölfirnis. Der Begriff kommt aus dem Französischen (von ' le vernis' = Lack). Ein solcher Firnis dringt nicht so tief ins Holz ein und muss daher mit Lösemitteln (Terpenen) verdünnt werden. Der Holzschutz ist folglich weniger wirksam als bei Verwendung von unverdünntem, kaltgepresstem, rohem Leinöl.
Zur Konservierung kann Leinöl mit oder ohne Pigmentbeimischung verwendet werden. Bei hohem Pigmentanteil sind auch helle Farbtöne ein guter UV-Schutz. Hoch pigmentierte Leinölfarben können mit bis zu 10 Volumenprozenten kaltgepresstem, gekochtem Leinöl verdünnt werden.
Leinöl ist ein Bestandteil des Anstrichmittels Labsal, eines Schutzanstrichs aus Wurzelteer, Leinöl und einem Sikkativ (Trocknungsbeschleuniger). Dieser wurde in der Schifffahrt zur Konservierung von Naturfasertauwerk und umwickelten Stahltrossen, teilweise auch von Holz, eingesetzt.
Im Mittelalter wurde Leinöl als Korrosionsschutzmittel für Rüstungen und Waffen verwendet (Schwarzbrennen). Man verwendete es früher auch im Fahrzeugbau. Heute kehrt man in Oldtimerkreisen, in der Denkmalpflege und beim gesunden Bauen wieder zu dieser ungiftigen Art der Konservierung zurück. Das Öl bildet eine wasserunlösliche Verbindung mit Fe3+-Ionen im Rost. Zusätzlich bildet das Öl nach dem Abbinden einen rissfreien Überzug.
Durch den Zusatz von Blei(II,IV)-oxid (Pb3O4) zu Leinöl entsteht Mennige (Bleimennige), ein klassisches und hoch wirksames, aber giftiges Korrosions- und Holzschutzmittel, das schon von den Phöniziern um 700 v. Chr. zur Konservierung von Schiffen sowohl innen als auch außen angewendet wurde. Dabei wirkte das Blei giftig und bewuchshemmend in der Außenschicht und als Fungizid im Innenbereich. Die Verwendung des Bleioxids ist jedoch nur noch mit Ausnahmegenehmigung - z.B. für Restauratoren - zulässig. Deshalb wird bei modernem Holz- und Rostschutz mit Leinölfarbe statt des giftigen Bleioxids heute Eisen(III)-oxid verwendet. Diese rote Eisenmennige ist ungiftig. Die schimmel- und pilzhemmende Wirkung wird durch die Beigabe von Zinkweiß erreicht.
Quelle: wikipedia